Abgrenzung zum Affiliate-Marketing
Affiliate-Marketing sollte vielen bereits ein Begriff und als fester Bestandteil im Online Marketing Mix verankert sein. Bei Affiliate-Marketing handelt es sich um einen Performance-basierten Werbekanal, bei dem der Affiliate eine Provision für vermittelte Verkäufe erhält. Der Legende zufolge ist der Ursprung des Affiliate-Marketings auf Amazon zurückzuführen. So soll Amazon-Gründer Jeff Bezos im Jahr 1997 auf einer Cocktail-Party von einer Frau angesprochen worden sein, die ihm anbot, die Bücher auf seiner Plattform gegen eine kleine Verkaufsgebühr zu vermarkten (Vgl. Tobias Allgeyer (2018). Affiliate-Marketing: Von der Idee zum hoch technisierten System).
Vereinfacht gesagt handelt es sich beim Affiliate-Marketing um die digitale Version eines klassischen Vertriebsmodells, welches bereits seit Jahrhunderten praktiziert wird. Ein Händler zahlt seinem Verkäufer eine Provision für die von ihm erzielten Verkäufe.
In der digitalen Version funktioniert dieses Modell ebenso. Der Vermittler (auch Publisher) betreibt eine Website, bindet auf dieser Werbemittel, wie beispielsweise Display-Banner des Händlers (auch Merchant od. Advertiser) ein, macht so auf dessen Angebot aufmerksam und sendet Traffic von seiner Website zu der des Händlers. Für den gesendeten Traffic erhält der Verkäufer eine erfolgsabhängige Vergütung.
Diese Vergütung erfolgt üblicherweise mittels einer prozentualen Beteiligung am Netto-Verkaufspreis (Cost per Action, kurz: CPA). Im Laufe der Jahre haben sich hier jedoch weitere Modelle wie beispielsweise eine Click-basierte Abrechnung (Cost-per-Click, kurz: CPC), die Abrechnung für vermittelte Kontakte (Cost-per-Lead, kurz: CPL), oder auch Mischformen dieser Modelle entwickelt (Vgl. Erwin Lammenett (2019). Praxiswissen Online-Marketing. S. 64).
Das Partner-Marketing ist die logische Evolution des Affiliate-Marketings. Während vor 10 Jahren die klassische Beziehung von Affiliate zu Merchant noch recht singulär aus dem Betreiber einer Website, Blog o.ä. zu einem Händler bestand so sind die Beziehungen und Marktteilnehmer heute vielseitiger. Neben klassischen Affiliates setzen Merchants heute zunehmend auf weitere Marktteilnehmer wie Influencer, direkte Kooperationspartner oder die Zusammenarbeit mit anderen Merchants.
Das Partner-Marketing als solches ist somit die natürliche Weiterentwicklung des klassischen Affiliate-Marketings und wird als eines von mehreren Instrumenten betrachtet. Diese Betrachtung spiegelt das aktuelle Marktgeschehen deutlich klarer wider, da sich auf der einen Seite sowohl Publishermodelle weiterentwickelt haben und auf der anderen Seite Merchants offener für alternative Kooperationsformen geworden sind.
Dass das klassische Affiliate-Marketing im Umbruch ist, lässt sich auch anhand der aktuellen Marktkonsolidierung in Deutschland feststellen. In den letzten Jahren entfällt der Bärenanteil des Kanals ohnehin schon auf einige sehr große Publisher. Dieser Umstand verschärft sich zusätzlich aufgrund großer Übernahmen, wie beispielsweise dem Verkauf der Cashbackportale iGraal und Shoop an die Global Savings Group.
Es ist für Händler also zunehmend schwieriger geworden, mittels klassischer Publisher zusätzliches Wachstum zu erzielen. Nichtsdestotrotz sehen laut Affiliate-Trend-Report 2021 der Agentur xpose360, 54 % der Händler „Neue Affiliates“ als Top-Wachstumspotential für das kommende Jahr. Um dieses Wachstum auch erreichen zu können, werden daher zunehmend alternative Kooperationsformen des Partner-Marketings gewählt. (Vgl. Global Savings Group (2020). Global Savings Group übernimmt Shoop.de. / Xpose360 GmbH (2021). Der große Affiliate-Marketing Trend-Report 2021).
Wachtumspotentiale 2021 aus Sicht von Händlern (Vgl. Xpose360 GmbH (2021). Der große Affiliate-Marketing Trend-Report 2021).
Zusätzliche Bereiche des Partner-Marketings
Brand-to-Brand Kooperationen
Bei Brand-to-Brand Kooperationen besteht die Geschäftsbeziehung nicht mehr zwischen einem Verkäufer und einem Händler, sondern zwischen Händlern untereinander. Diese verfolgen in der Regel ähnliche Ziele und können so eine Partnerschaft zum beiderseitigen Vorteil eingehen.
Im Gegensatz zum klassischen Affiliate-Marketing stehen hier keine Werbebudgets im Vordergrund, da beide Partner die gleichen Interessen, etwa die Steigerung des Umsatzes oder den Ausbau der eigenen Markenbekanntheit verfolgen. Eine erfolgreiche Umsetzung von Werbemaßnahmen zahlt somit stets auf die Ziele aller Beteiligten ein und liegt somit im Interesse beider „Partner.“
Brand-to-Brand Kooperationen.
Die Vorteile einer Partnerschaft zwischen Händlern sind im Wesentlichen:
1. Geringes Budget
Da die Partner in dieser Kooperationsform nicht auf die Generierung von Werbeerlösen zielen, finden diese in der Regel als sogenannte „Barter-Deals“ (auch: Kompensationsgeschäfte) statt. Es werden also gegenseitig Leistungen erbracht, ohne dass hierfür Zahlungen vorgenommen werden (Vgl. Prof. Dr. Jörn Altmann. Kompensationsgeschäft. Gabler Wirtschaftslexikon).
2. Native Einbindung
Bei richtiger Ausführung wird die Einbindung eines Kooperationspartners in das eigene Angebot vom Kunden nicht als Werbung und somit störend empfunden.
3. Authentizität/ Trust
Das Vertrauen der Kunden in den Kooperationspartner strahlt auf den jeweils anderen ab. Kunden, die bereits einem der beiden Partner vertrauen, verlassen sich auf dessen Empfehlung
4. Echter Kundenvorteil
Je nach Kooperationspartner lassen sich durch die Zusammenarbeit echte Mehrwerte für den Kunden generieren. Diesen Vorteil gibt es in Deutschland bereits lange im Bereich Mobilfunk. Der Kunde, der ein neues Mobiltelefon erwerben möchte, bekommt durch die Kooperation von Mobilfunkanbieter und Elektronikfachgeschäft sein Mobiltelefon zu vergünstigten Konditionen bei zeitgleichem Vertragsabschluss.
Ähnliche Modelle lassen sich online beispielsweise beim Verkauf von Konzertkarten und Merchandisinghändlern umsetzen.
Die Umsetzung von Brand-to-Brand Partnerschaften zählt zu den aufwendigsten, da in der Regel die Systeme der Partner nicht auf derartige Kooperationsformen ausgelegt sind. Auch die Identifizierung von geeigneten und vor allem gewillten Partnern ist eine Herausforderung, bei der sich ein gutes Netzwerk bezahlt macht. Um den Erfolg messbar zu machen, empfiehlt es sich zudem, geeignete Tracking-Technologien zum Einsatz zu bringen.
Direkte Kooperationen
Von einer direkten Kooperation spricht man, wenn eine Zusammenarbeit i.d.R. eher einen strategischen als einen umsatzorientierten Ansatz hat.
Oftmals sind solche Kooperationen historisch gewachsen und eine Überprüfung performancerelevanter KPIs hat häufig nicht stattgefunden. Bei einer direkten Kooperation geht es vielmehr darum, dass ein Unternehmen die Bekanntheit und/ oder den Trust der Marke des Kooperationspartners nutzt, um die eigene Zielgruppe auf indirektem Weg anzusprechen.
Der Aufbau der eigenen Marke steht im Fokus und langfristig soll der User durch die positive Assoziation mit dem Unternehmen zum Kunden werden. Wie eingangs erwähnt, stand bei dieser Kooperationsform die „Erfolgsmessung und Steuerung auf ROI“ in der Regel nicht im Fokus.
Aus heutiger Sicht ist es aber sehr einfach möglich, eine direkte Kooperation mit den o.g. Zielen zu verfolgen und gleichzeitig eine optimale Steuerung der Zusammenarbeit und Erfolgsmessung zu ermöglichen.
Durch den Einsatz entsprechender Software (häufig Software as a Service, kurz; SaaS), können KPIs definiert und entsprechende Reportings generiert werden, welche beiden Partnern eine Übersicht über die Entwicklung gewähren. Der Einsatz solcher Tools ist insofern sinnvoll, da Erfolgsfaktoren festgelegt werden können, welche nicht ausschließlich die Generierung von Umsatzerlösen sind.
Weiterhin ermöglichen solche Tools die Erstellung von automatisierten Abrechnungsmodellen zwischen beiden Parteien.
Influencer
Als Influencer bezeichnet man Personen, die wegen einer gewissen Reichweite oder Stellung Einfluss auf Meinung, Gewohnheiten und Geschmack von Leuten haben. (Vgl. ramp106 GmbH. Influencer Marketing).
Mittlerweile ist ein Influencer ein eigenständiges Berufsbild und aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und gehört auch längst als Marketinginstrument bei vielen Unternehmen dazu. Diese Influencer werden oft als eigenständiger Online Marketing-Kanal angesehen und durch den Bereich „Marketing“, „PR“ oder „Kommunikation“ betreut.
Im Fokus steht in der Regel der positive Auf- und Ausbau des Markenimages und weniger der direkte Abverkauf. Nichtsdestotrotz kann der Abverkauf im Fokus stehen, daher ist eine Einordnung dieses Kanals in das Partner-Marketing absolut sinnvoll, da es hier um eine persönliche Beziehung zu Dritten geht.
Während ein Macro Influencer eine berühmte Persönlichkeit mit mehreren Hunderttausend oder gar Millionen von Followern ist, handelt es sich bei den sogenannten Micro Influencern um eher „normale“ Personen, die für sich genommen eine tendenziell geringe Reichweite haben. Bei einer Kooperation mit einer Vielzahl von diesen Influencern ergibt sich jedoch eine relevante Anzahl von potentiellen Usern, die erreicht werden kann. (Vgl. Georgia Hatton (2018). Micro Influencers vs Macro Influencers).
Dies entspricht dem typischen Ursprungsgedanken des Longtails im Affiliate-Marketing und somit ist eine Einordnung der Influencer als Bestandteil des Partner-Marketings nur konsequent und logisch, während bei Macro Influencern typischerweise ein Fixbetrag für eine Kampagne abgerechnet wird, unabhängig welche Performance erreicht wird, ist es bei den Micro Influencern in der Regel möglich, via TKP, CPC oder gar CPO abzurechnen.
Partner-Marketing im Online Marketing Mix
Um ein besseres Gefühl für die Relevanz und Wichtigkeit des Partner-Marketings zu geben, wird dieser Kanal in diesem Abschnitt im Kontext zu den anderen relevanten Kanälen vorgestellt und in den Online Marketing Mix eingeordnet.
Online Marketing Mix (Vgl. Neil Pattel. What Marketing Channel Should You Start with First If You’re a Brand New Business?).
Die hier dargestellten Kanäle bilden nicht einen kompletten Überblick über sämtliche Kanäle ab, sondern die für viele Unternehmen oftmals relevantesten und erfolgreichsten.
Die grundsätzliche Unterscheidung im Einsatz der Kanäle liegt zum einen in der strategischen Ausrichtung (Branding vs. Abverkauf) und den budgetären Ressourcen, die sich oftmals in dem Abrechnungsmodell widerspiegeln (Fix vs. TKP vs. CPC vs. CPO).
Der Kanal SEA (Search Engine Advertising = Suchmaschinen-Marketing) ist in der Regel bei jedem Unternehmen im Einsatz und bietet bei einer guten Steuerung große Erfolgschancen, da über die Suchmaschinen, wie zum Beispiel Google, eine große Anzahl an Usern und potentiellen Kunden erreicht werden kann.
Das Abrechnungsmodell CPC erfordert allerdings einen genauen Blick auf die Kampagnen, da jeder Click bezahlt werden muss, unabhängig davon, ob ein Kunde einen Kauf tätigt oder nicht.
Im Display Marketing liegt der Fokus ganz klar auf den Auf- und Ausbau der Marke. Auf reichweitenstarken Umfeldern können so neue Kunden erreicht oder bestehende mit der eigenen Markenbotschaft bespielt werden, um so mittel- und langfristig die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Die Abrechnung ist daher klassischerweise der TKP (=Tausender-Kontakt-Preis), bei dem ein Betrag für Views bezahlt wird.
Kampagnen im Social Media werden auf Plattformen wie Facebook oder Instagram auf CPC Basis abgerechnet. Hierbei kann das Ziel einer Kampagne auch im Bereich Branding liegen – mehr und mehr ist aber auch der direkte Abverkauf Ziel dieses Kanals.
Die Suchmaschinen-Optimierung (= Search Engine Optimization = SEO) ist eine längerfristige Maßnahme auf der eigenen Website, um z.B. bei den Google Ergebnissen (nicht im SEA-Bereich) möglichst weit oben für relevante Keywords gelistet zu werden. Es fallen keine direkten Kosten bei den Suchmaschinen an, aber für ein optimales SEO benötigt es gute SEO-Accounter und/ oder eine entsprechend spezialisierte Agentur.
Im Bereich PSM (=Preissuchmaschinen) wird mit verschiedenen Anbietern aus dem Preisvergleichssegment, etwa idealo.de oder billiger.de, kooperiert. Den Anbietern werden aktuelle Produktlisten zur Verfügung gestellt, um stets auf der Höhe im Hinblick auf Preis und Verfügbarkeit zu sein. Die Anbieter ermöglichen den Usern dann die Möglichkeit, das gewünschte Produkt zu vergleichen und zu den für ihn besten Konditionen (Preis, Versandkosten, Lieferzeit, Trust des Shops, etc.) bei dem Shop zu kaufen.
Die Abrechnung erfolgt in der Regel auf CPC-Basis. PSM wird häufig auch als Teil-Disziplin des Affiliate-Marketings angesehen. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung findet an dieser Stelle eine Einordnung als eigenständiger Kanal statt.
Der Bereich Partner-Marketing ist im Detail bereits dargestellt worden. Die Einordnung in das Online Marketing ergibt, dass dieser Kanal viele verschiedene Facetten und Ziele, aber auch Abrechnungsmöglichkeiten hat. Er sollte daher in keinem Online Marketing-Mix fehlen.
Zusammenfassung
Affiliate-Marketing in seiner klassischen Form hat sich seit 1997 auf den ersten Blick wenig gewandelt. Abgesehen von neuen Publisher-Modellen ist die Grundlage auf den ersten Blick immer noch die Gleiche: „Ein Werbetreibender zahlt seinem Werbepartner eine erfolgsabhängige Vergütung.“ Genau dieses Modell ist heute im Online Marketing-Mix der meisten großen Unternehmen verankert.
Allerdings hat das Affiliate-Marketing auch nach wie vor einen schlechten Ruf. Häufig ist immer noch die Rede von Gutschein-Seiten, welche lediglich den letzten Klick abgreifen, Cashback-Modellen, die keine Kundenloyalität schaffen und viel zu wenigen der heiß begehrten Content-Publishern. Das im klassischen Affiliate-Marketing eine Konsolidierung stattfindet, ist nicht zu bestreiten, jedoch hat sich seit dem Ursprung des Affiliate-Marketings mehr getan als auf den ersten Blick ersichtlich.
Diese Entwicklung spiegelt sich in der erweiterten Betrachtung des Partner-Marketings wider. Jedes Werbemodell muss sich weiterentwickeln, um dauerhaft den Zahn der Zeit zu treffen. Die natürliche Evolution des Affiliate-Marketings heißt daher: Partner-Marketing!
Affiliate war stets ein „People-Business“, diese Stärke macht sich das Partner-Marketing zunutze. Neben der Beziehung zwischen Advertiser und Publisher gibt es tausende andere Möglichkeiten erfolgreiche Partnerschaften umzusetzen.
Insbesondere im kompetitiven Online Marketing-Umfeld, bei dem viele Advertiser große Budgets auf einige wenige und sehr teure Kanäle konzentrieren, können durch strategische Partnerschaften neue Traffic-Kanäle generiert werden. Neben der reinen Orientierung auf den Umsatz bringen diese Partnerschaften häufig auch echte Mehrwerte für den Kunden mit sich und werden so von diesem nicht als lästige Werbung empfunden.
Durch langfristig und für beide Seiten vorteilhafte Bedingungen lassen sich Maßnahmen weiterhin kostengünstig durchführen. Um im Partner-Marketing erfolgreich zu sein, sollte daher der Blick über den Tellerrand gewagt werden, vorbei am klassischen „CPA-Publisher.“
Hallo ihr Zwei, schöner, ausführlicher Beitrag. Ich finde Affiliate Marketing oder generell das Marketing hat sich ohnehin stark verändert. Gerade durch die gesetzlichen Bestimmungen zur Schleichwerbung (strikte Trennung nach UWG) und die Kennzeichnung bezahlter Links und Beiträge. Darum ist es unabdingbar sich jetzt damit zu beschäftigen, wie es weitergehen kann. Neue Prozesse müssen etabliert werden. Ich würde nicht sagen Affiliate Marketing ist tot. Aber insbesondere auch wegen der DSGVO und der Cookie Problematik zumindest auf dem Prüfstand. Ich bin fester Überzeugung, dass einzelne Zusammenarbeiten spürbar zunehmen werden. Potenzielle Webseiten werden dann gezielt angesprochen. Weil – wie ihr schreibt – die… Weiterlesen »