Produktbewertungen von Kunden sind wertvoller, als vielen Marken und Händlern heute bewusst ist. Sie sorgen für Mundpropaganda, Vertrauen und Transparenz und können so die Umsätze in Online-Shops und im stationären Handel um bis zu 20 Prozent steigern. Doch um das Potenzial der Ratings und Reviews – Bewertungen und Erfahrungen – voll auszuschöpfen, sind die passenden Strategien und Technologien sowie sorgfältige Prozesse und klare Verantwortlichkeiten entscheidend. Wie du am besten vorgehst, zeigt dieser Beitrag.
Produktbewertungen von Verbrauchern sind ein Riesentrend im Omni-Channel-Marketing. Verbraucher wollen mitreden und äußern sich auf Google, Händler-Plattformen, Unternehmenswebseiten und in den sozialen Medien mehr oder weniger wohlwollend und meistens sehr ehrlich zu ihren Erfahrungen mit Marken und Produkten. Besonders die Generationen X, Y und Z teilen gern ihre Meinungen und Erfahrungen und erstellen dafür eigens Inhalte – sogenannten Consumer-generated Content – auch in Form von Produktbewertungen. Sie sind es dank der vielfältigen technischen Möglichkeiten moderner Medien gewohnt, Zugriff auf etliche Informationsquellen zu haben, bevor sie Entschlüsse fassen. Kundenbewertungen kommen dabei aktuell vor allem als Skalen von Eins bis Fünf sowie Textbewertungen vor. Kreative Formate wie Bilder und Videos nehmen aber zu, und diese Formate sind umso überzeugender. Das belegt der Erfolg von Influencer-Marketing: Meinungsmacher mit hoher Glaubwürdigkeit teilen Marken-Erlebnisse in Blogs oder sozialen Medien und verleihen der Werbebotschaft Transparenz und Authentizität.
Wichtigste Portale für Kundenbewertungen
- Amazon: 58 Prozent der deutschen Kunden sichten Bewertungen vor ihrer Kaufentscheidung (ECC Köln, Cross-Channel – Quo vadis)
- Preisvergleichsportale: idealo.de oder Preis.de
- Google-Bewertungen
- Marken-Websites wie AEG.de und Electrolux.ch, Händler-Websites wie Expert.de
- Branchenspezifische Portale: TripAdvisor/Tourismusbranche, jameda.de/Gesundheitsbranche, bookatable.com/Gastronomie, trustedshops.de/Online Shops, kununu.de/Arbeitgeber, bankingcheck.de/Finanzen.
Für alle Branchen relevant
Immer mehr Händler, Marken und Agenturen erkennen den Wert der Kundenmeinungen für ihr eigenes Marketing. Erstens können Unternehmen aus den Nutzerkommentaren und -beiträgen viel für ihre Produktentwicklung lernen, zweitens können sie durch Interaktion die Nutzermeinungen positiv beeinflussen. Zum Dritten können sie die Nutzer-Inhalte auch für ihre Kommunikation auf allen Kanälen gezielt nutzen, denn Nutzer vertrauen den Urteilen anderer Nutzer mehr als reinen Markenbotschaften. So lesen 65 Prozent der Internetnutzer vor dem Kauf Produktbewertungen in Online-Shops, und 39 Prozent der Online-Konsumenten vertrauen Angeboten ohne Kundenbewertung weniger stark. Das besagt eine Studie von bitkom. Marken und Händler, die Bewertungen von Kunden ins eigene Online Marketing integrieren, können ihre Verkäufe hingegen um bis zu 20 Prozent steigern, belegt eine Revoo-Studie, da Vertrauen und Sichtbarkeit steigen. Das gilt branchenübergreifend, denn alle Branchen sind darauf angewiesen, Vertrauen bei ihren Zielgruppen aufzubauen. Aktuell sind Bewertungen besonders üblich in Tourismus, Gastronomie, Handwerk und Finanzdienstleistungen. Aber auch Fast Moving Consumer Goods, die Modeindustrie und die Unterhaltungs- und Haushaltselektronik steigern mit diesem Instrument ihre Relevanz.
Marktforschung und Mundpropaganda
Unternehmen, die ihre Kundenrezensionen auswerten, profitieren gleichsam von einer kostenlosen Marktforschung und können ihre Produkte und Services besser an den Kundenbedürfnissen ausrichten. Vor allem aber dienen die Kundenbewertungen der Marketingkommunikation, denn die (positiven) Bewertungen sorgen für digitale Mundpropaganda. Die Sichtbarkeit des Unternehmens steigt an allen Kontaktpunkten, an denen die Bewertungen ausgespielt werden: In eigenen Online-Kanälen, im Geschäft, auf Bewertungsplattformen und in Suchmaschinen wie Google. Suchmaschinen beachten Bewertungen und Kommentare nämlich in ihrem Ranking und in ihren Suchergebnissen. Was viele Unternehmen dabei nicht wissen: Bei Sternebewertungen geht es nicht etwa darum, das Maximum an fünf Sternen zu ergattern, sondern 4,4 von 5 Sternen sind optimal, da diese Bewertung glaubwürdiger erscheint. Und darum geht es im Kundenbewertungsmarketing.
Warum manche Unternehmen noch zögern
Dass manche Unternehmen beim Thema Produktbewertungen durch Kunden oft noch zurückhaltend sind und dieses Instrument nicht strategisch einsetzen, hat mehrere Gründe: Viele Organisationen erkennen Innovationen spät oder gar nicht, oder es mangelt intern an dem notwendigen Wissen und an der Erfahrung, um Innovationen wie Produktbewertungen auf das eigene Geschäftsfeld zu projizieren. Die Erfolgsaussichten werden unter- und die Aufwände überschätzt. Außerdem handelt es sich bei User-generated Content und Produktbewertungen um ein interdisziplinäres Thema, bei dem Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens, aber auch zwischen Geschäftspartnern wie Marken und Händlern, oft nicht klar definiert sind: Wer hat das Mandat innerhalb der Organisation –Marketing, Produktentwicklung, Unternehmenskommunikation oder Kundenservice? Wie kooperieren Marken und Händler auf diesem Gebiet? Überwiegen bei diesen Akteuren konträre Interessen und wollen sie die Kunden eher auf ihre jeweils eigene Plattform lotsen, statt die Bewertungen auf allen Kanälen auszuspielen? Diese Fragen sind oft ein Hemmschuh. Dabei zeigen aktuelle Statistiken, etwa von Bazaarvoice, dass der Return-on-Investment sowie Reichweite, Frequenz und Wirkung von Produktbewertungen über denen vieler anderer Werbemittel liegt – und dass sich Kooperationen zwischen Handel und Marken in den meisten Fällen für alle Beteiligten auszahlen.
Sorgfältige Planung und Umsetzung
Viele Hersteller und Marken nutzen Ratings und Reviews schon als strategisches Instrument der Markenführung: Ikea verwendet etwa Kundenbewertungen, um Produkte zu verbessern und das Sortiment zu optimieren. Was den Kunden nicht gefällt, wird modifiziert oder verschwindet aus dem Angebot. Andere Unternehmen berücksichtigen Ratings und Reviews als Teil der sogenannten „Voice of Customer“. Sie analysieren die Stimmung der Zielgruppen (Sentimentanalyse) und passen ihr Marketing und ihre Produkte an die Kundenerwartungen an. Wenn auch du planst, Produktbewertungen künftig für dein Marketing zu nutzen, solltest du folgende Aspekte in Strategie, Technologie und Qualitätsmanagement beachten.
Strategie – so setzt du Review-Marketing strategisch um
- Status Quo analysieren: Zunächst wird die Ausgangslage gesichtet: Wo stehen wir im Vergleich zu unseren Wettbewerbern? Welche Vorteile können wir durch Kundenbewertungsmarketing kurzfristig und mittelfristig realisieren? Welche Kennzahlen – wie die Anzahl der Bewertungen oder die Kosten pro Bewertung – sind geeignet, um Erfolge zu messen?
- Ein eigenes Jahresbudget einplanen: Bewertungsmarketing gewinnt kostenlose Inhalte und kostenloses Kundenfeedback, ist aber nicht gratis, da Tools, Auswertungen und Kanalbetreuung Kosten generieren. Das Jahresbudget entspricht etwa dem für Social Media oder CRM und richtet sich nach Industrie, Wettbewerb, Art der Produkte und der Situation von Marken oder Händlern. Ab rund 10.000 Euro pro Jahr ist eine Lösung umzusetzen.
- Aktiv um Feedback bitten: Unternehmen sammeln mehr positive Bewertungen, wenn sie ihre Kunden aktiv um Feedback bitten. 80 bis 90 Prozent der Bewertungen gehen aus (datenschutzkonformen!) Nachfassmails hervor, hat die Bewertungsplattform One2Five Diese automatisierten Mails nach dem Kauf erfragen die Meinung des Kunden innerhalb von rund zwei Wochen nach dem Kauf. Sprecht eure Kunden in den Nachfassmails persönlich an und motiviert sie durch Betreffe wie „Hilf anderen Konsumenten bei der Kaufentscheidung“. Kleine Sachpreise oder Gutscheine regen ebenfalls zur Teilnahme an. A/B-Tests erweisen die optimale Ansprachestrategie.
- Zentral sammeln, gezielt ausspielen: Marken sollten den Konsumenten Rezensionen an allen geeigneten Kontaktpunkten anzeigen: auf der Website, in Verkaufsmaterialien, auf Produktverpackungen, im Ladengeschäft und auf Händler-und Vergleichsportalen. Die Bewertungen werden in einer zentralen Datenbank gesammelt und verwaltet und über Schnittstellen über alle geeigneten Kanäle ausgespielt (Review Syndication). Marken und Händler können sich auch Syndizierungsnetzwerken anschließen oder individuelle Kooperationen eingehen.
- Aus den Reviews lernen: Marken und Retailer müssen umdenken, um Nutzer-Inhalte in ihr Marketing einzubinden und einen Teil der Kontrolle an die User abzugeben. Sie müssen bereit sein, aus den Kundenbewertungen zu lernen und ihr Marketing sowie ihre Produktentwicklung an den Kundenwünschen neu auszurichten. Hierzu müssen sie Prozesse, Informationsströme und Verantwortlichkeiten festlegen.
Technologie – darauf achtest du bei Tools und Geräten
- Tools gezielt einsetzen: Bewertungsmarketing braucht eine funktionierende Technologie und intelligente Plattform. Zu den Tools zählen ein Modul zum Sammeln und Anzeigen von Bewertungen auf der eigenen Webseite, eine Plattform (Back-end) zum Speichern, Moderieren und Verwalten von Inhalten sowie Schnittstellen zum Teilen und Ausspielen der Rezensionen. Ein ideales Back-end verfügt über die Möglichkeit, alle wichtigen Kontaktpunkte anzubinden. Im Ladengeschäft sollten Kunden etwa über Tablets des Verkaufspersonals oder digitale Preisschilder Rezensionen abrufen oder abgeben können.
- Einfache Integration: Gute Lösungen lassen sich einfach in bestehende technische Infrastrukturen wie CRM-System, Webseiten oder Content Management Systeme integrieren. Ideal sind technische Lösungen, die sich an die Anforderungen der Unternehmen einfach anpassen lassen. Und: Die Anwender von Reporting und Moderation sollten das Tool intuitiv bedienen können.
- Mobile First beachten: Konsumenten recherchieren nach kaufrelevanten Inhalten vermehrt auf ihren mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets. Deshalb ist es ein Muss, alle Bausteine des Bewertungsprozesses – von der Abgabe bis hin zu Veröffentlichung – auf iOS und Android abzustimmen.
Qualitätsmanagement – so setzt du Review-Marketing sauber auf
- Transparenz von Anfang an: Um positive Bewertungen anzuregen, sollten Anbieter ihre Produkte und Marke nutzerfreundlich präsentieren, vom Wettbewerb abgrenzen und möglichst viele Details liefern: Bilder, Videos, Anwendungsbeispiele und Infos zu Design, Funktionalität und Qualität. Auch eine transparente Preisgestaltung gehört dazu. Der Prozess von der Bewertungsabgabe bis zur Veröffentlichung muss an die Verbraucher transparent kommuniziert werden.
- Sorgfältige Moderation: Eine Moderation prüft die Bewertungen der Kunden und gibt sie zur Ausspielung frei. Ist die Bewertung unvollständig oder mangelhaft, werden die Nutzer angeschrieben und um Ergänzungen gebeten. Die Moderation achtet darauf, dass die Reviews anderen Nutzern sinnvolle Erkenntnisse liefern.
- Schutzmaßnahmen treffen: Bewertungen von Bots? Verletzungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Ein klares Nein. Eine gute Bewertungsplattform hat Schutzmechanismen und verhindert jegliche Manipulation. Dazu zählen digitale Fingerabdrücke, IP-Abgleiche und Mail-Verifizierungen sowie ein geschultes Moderationsteam.
Als wichtiges Instrument im Omni-Channel-Marketing sollte Review-Marketing strategisch ins Marketing integriert werden. Produktbewertungen in Online-Shops dienen dem Branding und können die Verkäufe signifikant steigern.
Hier finden Sie Ihre Infografik „Kundenbewertungen als Entscheidungskriterium beim Online-Shopping“.
Fazit
Nahezu alle B2C-Akteure müssen sich heute darauf einstellen, dass Verbraucher Produktbewertungen lesen und abgeben möchten. Kundenbewertungen sind per se gratis, sie zu gewinnen und gezielt auszuspielen erfordert jedoch eine Investition in die drei Bereiche Strategie, Technologie sowie Verantwortlichkeiten und Prozesse. Diese Investitionen amortisieren sich in der Regel rasch und fördern den Markenwert und die Kundenzufriedenheit nachhaltig. Denn aus den wertvollen Erkenntnissen könnt ihr lernen, um euer Markenimage zu fördern und eure Verkäufe an allen Kontaktpunkten anzukurbeln, aber auch, um Produkte sowie Kundenservice stetig zu verbessern.