Wer mit seinem Unternehmen auch in China voll durchstarten möchte, benötigt einiges an Informationen und Vorbereitung – denn mit den Marketing Strategien die uns im „Westen“ bekannt sind, kommt man in China nicht weit.
Für fast jede online Plattform, die in Europa genutzt wird, gibt es ein chinesisches Pendant. Und auch die Bedürfnisse der chinesischen Konsumenten weichen stark von unseren ab und verändern sich dazu stetig.
China hat Zahlen vorzuweisen, die es für viele Unternehmen äußerst interessant macht, einen Markteintritt zu forcieren:
- 1,4 Mrd. Einwohner und davon 830 Mio. eCommerce-Nutzer 2019
- 635 Mrd. € Umsatz im E-Commerce 2019 – und geschätzt 965 Mrd. € in 2023 (entspricht einem Wachstum von 11% p.A.)
- Zweitgrößte Wirtschaftsmacht nach den USA1
Die Mittelschicht wächst kontinuierlich und E-Commerce ist ein wichtiger Umsatztreiber für das gesamte Land. Deshalb ist der chinesische Markt gerade für europäische Unternehmen besonders attraktiv und bietet mit der größten Online-Community der Welt riesige Potentiale im digitalen Business. Dennoch stellt der richtige Einstieg eine große Herausforderung für Unternehmen dar.
China besitzt seine eigene digitale Landschaft, die von Playern wie Alibaba und Tencent beherrscht wird. Viele Online-Dienste aus der westlichen Welt sind nicht verfügbar, daher können bewährte Online-Strategien oft nicht 1:1 auf China übertragen werden: individuelle Strategien mit lokalen Kompetenzen sind die Erfolgsfaktoren.
Wie die Online Marketing Maßnahmen Search Marketing, Social Media Marketing inkl. Influencer Marketing und E-Commerce erfolgreich von Unternehmen im China-Markt umgesetzt werden können und welche Faktoren hier besonders wichtig sind, haben wir im Folgenden zusammengefasst:
Search Marketing in China
In Europa ist es unvorstellbar, eine Search Marketing Strategie zu entwickeln und dabei Google ganz außen vor zu lassen. Doch im fernen Osten wird der Weltmarktführer der Suchmaschinen weitaus weniger genutzt als sein chinesisches Pendant Baidu (chinesisch:百度, Pinyin: bǎidù), das sich auf die Indexierung chinesischer Inhalte spezialisiert. Dieses gehört zu den größten Internetfirmen in China und gilt mit 74,63% Marktanteil als wichtigste Suchmaschine im Land der Mitte, gefolgt von Shenma mit 13,52% und Sogou mit nur mehr 4,78%.
Der Anteil von Google ist mit 2,03% verschwindend gering. Das ist auch nicht verwunderlich, denn viele Suchanfragen werden von vorneherein blockiert. Versucht man beispielsweise einen Suchbegriff auf google.cn einzutippen, wird man direkt auf das Google Interface google.com.hk in Hong Kong weitergeleitet. Dennoch gibt es natürlich Wege, wie die „Great Firewall Of China“ umgangen werden kann: mit einem virtuellen privaten Netzwerk (VPN) ist es relativ einfach, sich Zugriff auf Google und Co. zu verschaffen.
Doch worin liegen die wesentlichen Unterschiede zu Google und auf was müssen Digital Marketer bei Baidu achten?
Angebot der Suchmaschine
Während Google neben der klassischen Websuche, u.a. auch Sprachassistenten, zahlreiche Analyse Tools oder Google Shopping anbietet, stellt Baidu ähnlich wie Google auch Cloud Computing, Mobile Payment und Reiseportale sowie Maps, Musik- und Video-Suche zur Verfügung. Zusätzlich hat man mit der Social Media Plattform „Baidu PostBar“, dem Frageportal „Baidu Knows“ und der Online-Enzyklopädie „Baidu Baike“ und einigen anderen Angeboten die Möglichkeit, sich auf anderen Portalen ausgiebig zu informieren. Quasi ein digitales Rund-um-Sorglos-Paket für die chinesische Bevölkerung.
Spracheinstellung
Die in Google angezeigten Ergebnisse richten sich nach der Spracheinstellung des Browsers. Baidu ist hingegen ausschließlich in hochchinesischer Sprache, bei uns auch oft als Mandarin bekannt, verfügbar. Deshalb ist es enorm wichtig, dass der Content einer Website, die in China erfolgreich sein soll, auf Mandarin („simplified Chinese“) von einem Native Speaker verfasst wurde.
Finanzierung
Genau wie Google finanziert sich die Suchmaschine Baidu hauptsächlich durch Online Marketing Aktivitäten. Allerdings setzt der chinesische Suchmaschinenriese hierbei statt auf das Abrechnungsmodell CPC (Cost per Click) auf P4P (Pay for Performance). Das heißt, dass sich die Kosten nach der Höhe der erzielten Erfolge berechnen.
Werbeanzeigen
Ähnlich wie bei Google früher sind die Werbeanzeigen auf der rechten Seite platziert. Sie können aber auch in zufälliger Reihenfolge in den SERPs erscheinen und sind generell deutlicher als Anzeige erkennbar. Anders als bei Google hat man auf Baidu des Weiteren die Möglichkeit in der sogenannten „Brand Zone“ dem User reichlich Informationen über Marken zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist die Einrichtung eines Baidu Kontos sehr komplex und zeitaufwendig und steht ebenfalls nur in „simplified Chinese“ zur Verfügung. Je nach Suchbegriff können dadurch auch top-SEO-Rankings in den Ergebnissen deutlich später, ggf. sogar erst auf der zweiten Seite erscheinen.
Suchmaschinenoptimierung
Auch hier gibt es wesentliche Unterschiede zu Google. Während Google einen Crawler namens Googlebot verwendet, nutzt Baidu seinen eigenen Crawler Baiduspider, der auf einem eigens entwickelten Algorithmus basiert. Bei der Sortierung der Websites in den SERPs spielen für den Baiduspider neben Content und Relevanz vor allem auch die optische Gestaltung der Seite eine wichtige Rolle. Auch Backlinks sind ein wichtiger Rankingfaktor für Baidu und viele Techniken, die bei Google nicht mehr funktionieren, sind für Baidu noch relevant, jedoch werden hier fast ausschließlich Links von chinesischen Websites berücksichtigt.
In China lassen sich nicht alle Websites gleich schnell aufrufen, besonders Seiten, die außerhalb des Landes und außerhalb der „Great Firewall“ gehostet sind, haben oft mit hohen Ladezeiten zu kämpfen, da sie auch noch staatlich geprüft werden müssen. Dies hat natürlich auch starken Einfluss auf die in China weit höhere Nutzung von Mobilgeräten zur Internet-Nutzung. Suchanfragen zur Chinesischen Kommunistischen Partei, Menschenrechten in China oder Diktatur, um nur einige Beispiele zu nennen, sind verboten und werden zensiert. Eine Website, die in China gar nicht oder nur sehr langsam erreichbar ist, hat auf jeden Fall schlechte Karten. Deshalb ist ein performantes Hosting in China oder zumindest ein Content Delivery Network, das auch in China ausliefern kann, ein absolutes Muss. Übrigens: Auch Social Signals sollten nicht außer Acht gelassen werden. Websites, die auch auf den gängigen Social Media Plattformen vertreten sind, haben einen deutlichen Rankingvorteil.
Social Media Marketing in China
Auch in China ist Social Media als Marketing Plattform wichtiger denn je. Aufgrund der hohen Anzahl an Usern ist der chinesische Social Media Markt sehr attraktiv, vor allem für westliche Unternehmen. Die Social Media Landschaft ist sehr vielfältig und verworren.
Chinesische Social Media Plattformen besitzen viel mehr Funktionen und werden aufgrund der höheren Mobil Affinität intensiver genutzt. Dennoch existieren auch Gemeinsamkeiten zu westlichen Social Media Netzwerken, wie zum Beispiel die Intention des Users sich mit anderen Nutzern und Unternehmen auszutauschen.
Chinesische Social Media Plattformen im Überblick
WeChat WeChat ist eine sogenannte „All-in-one“ Plattform. Sie bietet alle Funktionen von WhatsApp, Facebook und Instagram in einem Channel gebündelt an. Darüber hinaus hat der User die Möglichkeit über WeChat Spiele zu spielen und Online Shopping zu betreiben. Des Weiteren besitzt WeChat zehn Millionen Apps von Drittanbietern. Ähnlich wie bei Facebook, können einzelne Personen und Unternehmen einen Account bei WeChat erstellen. Die Plattform wird voranglich zum Austausch zwischen Freunden und Bekannten genutzt. Im Bereich des B2B wird die Plattform genutzt um die Beziehungen aufzubauen und zu stärken. Momentan ist WeChat das größte soziale Netzwerk in China mit über einer Milliarde weltweit monatlichen Nutzern (Quelle: Visual Capitalist). Der durchschnittliche chinesische Nutzer verbringt ca. 70 Minuten pro Tag in diesem Netzwerk (Quelle: Dragon Social Ltd. |
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Tencent QQ QQ ist eine weitere Instant Messaging App, die von Tencent entwickelt wurde. Ähnlich wie WeChat bietet QQ verschiedene Dienste wie Spiele, Musik, Mikroblogging, Shopping, Filme, Gruppen- und Voice-Chat an. Aktuell nutzen 806 Millionen User QQ monatlich. Die Nutzer von QQ sind meist Teenager unter 18 Jahren und somit etwas jünger als Nutzer auf anderen chinesischen Plattformen. |
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Douyin Douyin ist eine beliebte Kurzvideo-Unterhaltungsplattform, die erst 2016 gelauncht wurde (Quelle: Dragon Social Ltd.). Die User von Douyin können bis zu 15 Sekunden lange Videos von anderen Usern ansehen. Douyin kommt besonders den chinesischen Influencern (sog. KOLs) zugute, die diese Social-Media-Plattform ausgiebig für sich nutzen.Aktuell besitzt Douyin über 500 Millionen monatliche Nutzer (Quelle: Visual Capitalist). Vor allem für Unternehmen wird diese Plattform zukünftig an Relevanz gewinnen, da Kooperationen mit KOLs immer mehr an Wert gewinnen. Fast 20% der Nutzer sind nicht aus China, sondern nutzen die Plattform aus dem Ausland. |
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Youku Tudou Youku ist in China als größte Video-Sharing Plattform das Pendant zu Youtube. Youku weist mehr professionellen als User-Generated Content auf. Nutzer können Filme und Fernsehsendungen auf Youku streamen oder herunterladen. Die chinesische Video-Sharing Plattform hat 580 Millionen monatliche Nutzer (Quelle: Youku Tudou Inc.). Besonders Unternehmen können über Youku mithilfe von Video Content ihre Zielgruppe gut erreichen. |
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Sina Weibo Sina Weibo oder auch Weibo genannt, ist eine Mikroblogging Plattform die 2009 auf den Markt kam. Sie ist eine Kombination aus Facebook und Twitter und stellt heutzutage die populärste Mikroblogging Plattform in China dar. Die chinesische Bevölkerung nutzt Weibo um Informationen zu erhalten, zu teilen und um mit anderen Usern zu kommunizieren. Für Unternehmen, öffentliche Personen und Celebritys ist Weibo eine besonders wichtige Plattform und nutzen diese um ihr öffentliches Image zu pflegen.Weibo besitzt 411 Millionen monatlich aktive Nutzer (Quelle: Visual Capitalist). Das soziale Netzwerk ist besonders unter jungen Leuten und der urbanen Online-Bevölkerung beliebt. |
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Douban Douban ist eine Lifestyle-Plattform. User posten auf Douban um sich über Bücher, Filme, Musik und Events auszutauschen. Die diskutierten Themen auf Douban sind kurzlebig. Es entstehen schnell neue Trends, jedoch verschwinden sie genauso schnell wieder. User auf Douban können sich leicht Tickets für Filme und Konzerte zulegen, E-Books herunterladen und sogar Radio hören.Mit ungefähr 153 Millionen monatlichen Besuchen weist Douban im Vergleich zu anderen chinesischen sozialen Netzwerken eine niedrige Nutzerschaft auf. Zusätzlich wird Douban nur in bestimmten chinesischen Regionen genutzt. |
Influencer Marketing in China (“KOL”)
Heutzutage ist Influencer Marketing für die meisten großen Unternehmen ein wichtiger Bestandteil des Marketings. Die Branche ist milliardenschwer und wächst kontinuierlich weiter.
Anders als hierzulande sind die Meinungsführer in China aber nicht als Influencer, sondern als KOLs – sogenannte Key Opinion Leader, oder auch als Wanghongs bekannt.
KOLs haben einen noch höheren Einfluss auf das Kaufverhalten, als die uns bekannten Influencer. Eine Zusammenfassung von Stellenwert und Funktionen der KOLs in China kannst Du in diesem Blogartikel lesen.
E-Commerce in China
E-Commerce ist ein gigantischer Markt in China und entwickelt sich rasant weiter. Schon alleine wegen der Marktgröße und des Innovationspotentials gehört China zu den attraktivsten E-Commerce Märkten weltweit und fast 70% der chinesischen Internetnutzer tätigen Online-Käufe. Besonders Drogeriewaren haben eine große Nachfrage und machen mit knapp 46% den größten Anteil des Umsatzes im Online Shopping aus.
Anders als bei uns in Europa, spielt Amazon in China kaum eine Rolle. Unser B2C Gigant hat dort gerade mal einen Marktanteil von einem Prozent und liegt somit weit hinter den dominierenden B2C und B2B Plattformen Tencent und Tmall.
60% der B2C Käufe werden auf Tmall getätigt. Die Plattform ist das Pendant zu dem uns bekannten Ebay und wird von Alibaba betrieben.
Take Aways
- Alibaba, WeChat und Baidu ersetzten Amazon, Facebook und Google
➡️ Online-Strategien müssen unbedingt an die jeweiligen Suchmaschinen und Plattformen angepasst werden - In Deutschland nutzen 62 Millionen Menschen das Internet, in China sind es um die 802 Millionen Personen.
- 98% aller Internetnutzer in China nutzen das Smartphone.
➡️ Eine optimierte Mobile Version deiner Seite ist unerlässlich, da die stationäre PC-Nutzung kaum eine Rolle spielt. - Mandarin (Hochchinesisch) sollte als Amtssprache für alle Kommunikationsmaßnahmen verwendet werden.
➡️ Unternehmen, die in China tätig sein wollen, brauchen auf jeden Fall Experten mit chinesischen Sprachkenntnissen um den Content der Website korrekt verfassen zu können. - Asiatische Websites wirken für Europäer durch die grellen bunten Farben und die Vielzahl an Bannern und Inhalten schnell überfordernd.
➡️ Eine asiatische Website ist aber erst dann ansprechend, wenn sich auf ihr eine Vielzahl von Informationen in Text, Grafik und Bild befinden. - Die chinesische Farbsymbolik sollte beim Design nicht außer Acht gelassen werden.
➡️ Während die Farbe Rot für Glück, Ruhm und Kraft steht, ist Weiß z.B. die Farbe der Trauer. - Kulturelle Regeln, Werte und Gepflogenheiten, auch im Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern, sollten beachtet werden.
➡️ Von der höflichen Verbeugung anstatt dem uns bekannten Händeschütteln bis hin zu geeigneten Small-Talk Themen.