Vorspiel
Die digitale Transformation der Arbeits- und Markenwelten in Unternehmen ist seit den 1980ern Realität und beschleunigt sich heute durch Interaktion, Vernetzung, Smartphones, Augmented Reality und künstliche Intelligenz. Das ist nicht nur ein technologischer Wandel, sondern zuvorderst ein sozialer: die Art und Weise, wie wir mit anderen Menschen und Maschinen arbeiten, wandelt sich fundamental, auch das Marketing erfährt dadurch eine neue Bedeutung.
Angefacht durch eine andere Haltung neuer Generationen zu veränderten Kommunikationsformen, stehen Marketer und Unternehmen vor großen Herausforderungen. Es gilt, die modernen Tools zu nutzen und den Bedürfnissen einer allseits vernetzten “Generation Y” Rechnung zu tragen. Hier kommt Gamification ins Spiel. Als Motivationsdesign einer neu gestalteten Welt der Arbeit, des Lernens und der Markenkommunikation.
Gamification ermöglicht neue Ansätze in Kampagnen und der Vermittlung von Inhalten. Die Interaktion mit den diversen Zielgruppen steht im Mittelpunkt und verspricht den Unternehmen viele Vorteile: so lässt sich die Aufmerksamkeit der Kunden besser gewinnen!
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.”
Spielen bedeutet Lernen. Diesen Grundsatz macht sich das Phänomen „Gamification“ zunutze: Denn, jene Elemente, die uns in digitalen Action-Adventures oder auch Knobelspielen zum Mitmachen animieren, lassen sich direkt auf viele Bereiche übertragen – so auch auf das Marketing.
Ausgehend von Erkenntnissen der Erlebnispädagogik und der Psychologie des Lernens bis hin zum Anthropologie-Klassiker aus den 1930er “Homo Ludens” von Johan Huizinger, hat sich mit der Verbreitung digitaler Spiele und des Internets Gamification etabliert.
WTF ist Gamification?
Gamification heißt zunächst nichts weiter als die Ausgestaltung von Prozessen mit spielerischen Elementen, um die Motivation zu steigern und den diversen Zielgruppen den Zugang zu teilweise sperrigen Inhalten zu erleichtern. Das kann Marketing sein, aber auch die Anreicherung von Arbeits-, Lern- und Verkaufsprozessen in den Unternehmen. Gamification hat zum Ziel, die Aufmerksamkeit der Zielgruppen zu gewinnen und eine stärkere Interaktion zu bewerkstelligen.
Es geht darum, Menschen zu motivieren, etwas zu tun, weil es Spaß macht, auch wenn es auf den ersten Blick mühselig oder langweilig wirkt – der nicht “gamifizierte” Prozess wohlgemerkt.
Ziel ist folgende Geisteshaltung: Ich bringe Menschen dazu etwas zu tun, indem ich es spannender für sie mache und nicht indem ich sie mit Argumenten überrede.
Ein klassisches Beispiel:
Gesundheit. Wie motiviere ich jemanden, sich mehr zu bewegen? Indem ich ihn in Kampagnen auf die bekannten Risiken von zu wenig Bewegung wie Herzkrankheiten und Übergewicht hinweise oder indem ich das Bewegen spannender mache als das Nicht-Bewegen?
Definition: Gamification ist das Hinzufügen und das Anwenden von Spieldesign-Elementen und spielerischen Aspekten auf Nicht-Spiele-Anwendungen.
Warum Gamification?
Was macht digitale Spiele so reizvoll (und hier darf man getrost alle Formen des Spielens berücksichtigen, auch Brettspiele)? Kann man dieses Faszinosum fassen und eventuell für andere Dinge im Leben nutzen? Mit dieser Frage beginnt ein Gamification-Konzept.
Gamification ist wertvoll, wenn es um Folgendes geht:
- Steigerung der – bestenfalls – intrinsischen (Langzeit-)Motivation
- Zugang zu Prozessen und sperrigen Inhalten zu erleichtern
Dazu bedient sich Gamification der gleichen Mechaniken wie digitale Spiele und baut diese erfolgreich in Kampagnen ein. Die Interaktion mit den Zielgruppen steht bei den Kampagnen im Mittelpunkt. Durch die stärkere Bindung der Kunden, gewinnt man mehr Aufmerksamkeit für seine Kampagne.
Zahnräder von Gamification
Gamification basiert auf folgenden spieltypischen Mechaniken, die im Kontext von Marketing besonders wirksam sind:
Viele Vorteile: Gamification steigert die Wirksamkeit des Marketings! (Quelle: Pixabay)
Regeln
Jedes Spiel benötigt feste und klare Regeln. Das gilt es bei Prozessen zu berücksichtigen.
Herausforderungen
Spiele machen es dem Spieler nicht leicht. Es geht das rechte Maß zwischen Unter- und Überforderung zu finden, um ein Erlebnis von „Flow zu schaffen.
Punkte
Spiele zeigen, wofür und wie viel man etwas bekommt.
Badges
Auszeichnungen in Form von Medaillen.
Rankings
Wo stehe ich im Spiel? Der Vergleich mit meinen Mitspielern.
Erfolge
Erfolgserlebnisse motivieren!
Skills
Spiele erlauben, Fähigkeiten zu entwickeln!
Levels
Schwierigkeitsstufen klar aufteilen und stufenweise erhöhen.
Milestones
Zwischenziele und -erfolge motivieren, bei der Sache zu bleiben und nicht einzuknicken.
Direktes Feedback
Spiele geben sofort Rückmeldung. Ich weiß stets, ob ich Erfolg hatte oder gescheitert bin. Das gilt es bei allen anderen Prozessen zu integrieren!
Reputation
Anerkennung ist eine der wichtigsten Quellen für Einsatz!
Spannung
Spannungskurve aufbauen, Klimax mit Höhepunkt, klare Dramaturgie!
Gemeinschaft
Spielen ist eine Form der Vergemeinschaftung, Teambildung und Austausch!
Narration
Spiele erzählen immer Geschichten! Unser Gehirn kann sich Dinge besser merken, wenn sie in eine Erzählung eingebettet sind.
Wie kann man Gamification für das Marketing nutzen?
Gerade im Kontext von Marketing ist Gamification einem Paradigmenwechsel geschuldet, der durch Social Media ausgelöst wurde – nämlich den Wandel von Push- zu Pull-Marketing und einem Mehr an Interaktion mit den Zielgruppen. Nur indem man die Konsumenten involviert, kann man mit seinen Botschaften und Inhalten punkten, erfolgreiche Kampagnen umsetzen und die wertvolle Aufmerksamkeit der Konsumenten gewinnen!
Im Idealfall erlaubt Gamification ein Stück weit die Kontrolle über die eigene Kommunikation zurückzugewinnen, die zuvor durch die sozialen Medien verschütt zu gehen drohte. Denn durch die Einbettung in eine Geschichte und ein Regelwerk behält man die Oberhand. Diesen Vorteil nutzen immer mehr Unternehmen.
Gamification im Marketing funktioniert sehr gut in folgenden Anwendungsfällen:
- Kundenbindung auf Plattformen wie Google Maps und Amazon
- Loyalty-Programme
- (Digitale) Schnitzeljagden
- App-Nutzung und Verweildauer auf Webseiten erhöhen
- Kundenbindung am POS stärken
- Employer Branding verbessern
- Mehr Kundenempfehlungen generieren
Best Cases: Gamification im Marketing
1. Google Maps und seine Local Heroes
2. Amazon-Rezensionen: Reputation ist alles!
3. Leipziger Verkehrsbetriebe: digitale Schnitzeljagd mit App!
4. Starbucks: Ein Treueprämienprogramm, das auch ein Spiel ist!
5. Pepsi: Gamification mit Vending-Machines auf Events!
7. Samsung: Mit Gamification Kundeninteraktion steigern!
8. HidrateSpark App Challenges: Produkt und App mit Gamification-Elementen anreichern!
9. Nike+ – ein Gamification-Klassiker!
1. Google Maps und seine Local Heroes
Ein Glanzstück umgesetzter Gamification in der Kundenbindung liefert Google mit seiner Communityarbeit rund um die sogenannten „Local Heroes“ auf Google Maps. Wer regelmäßig Orte wie Restaurants und Sehenswürdigkeiten auf Maps rezensiert, erhält die spieletypische Auszeichnung “Local Heroe” und wird durch ein Mehrstufen-Programm animiert, mehr zu posten.
Für Beiträge auf Google Maps erhalten User Punkte, etwa, wenn sie Orte bewerten, Rezensionen schreiben, Fotos und Videos teilen, ihr Wissen weitergeben, Fragen zu Orten beantworten, Informationen zu einem Ort aktualisieren, fehlende Orte hinzufügen oder Informationen überprüfen.
Beitrag zu Maps | Punkte |
Rezension | 10 Punkte pro Rezension |
Rezension mit mehr als 200 Zeichen | 10 Bonuspunkte pro Rezension |
Bewertung | 1 Punkt pro Bewertung |
Foto | 5 Punkte pro Foto |
Foto-Tags | 3 Punkte pro Tag |
Video | 7 Punkte pro Video |
Antwort | 1 Punkt pro Antwort |
Antwort in Fragerunde | 3 Punkte pro Antwort |
Ort bearbeiten | 5 Punkte pro Änderung |
Ort hinzufügen
|
15 Punkte pro hinzugefügtem Ort |
Straße hinzufügen | 15 Punkte pro hinzugefügter Straße |
Information überprüfen | 1 Punkt pro überprüfter Information |
Punkteberechtigte Liste veröffentlicht | 10 Punkte pro veröffentlichter Liste |
Beschreibung (in Liste) | 5 Punkte pro hinzugefügter Beschreibung |
Local Guides-Level
Level | Punkte | Abzeichen |
Level 1 | 0 Punkte | Kein Abzeichen |
Level 2 | 15 Punkte | Kein Abzeichen |
Level 3 | 75 Punkte | Kein Abzeichen |
Level 4 | 250 Punkte | |
Level 5 | 500 Punkte | |
Level 6 | 1.500 Punkte | |
Level 7 | 5.000 Punkte | |
Level 8 | 15.000 Punkte | |
Level 9 | 50.000 Punkte | |
Level 10 | 100.000 Punkte |
2. Amazon-Rezensionen: Reputation ist alles!
Der weltgrößte E-Commerce-Anbieter Amazon hat sehr früh auf Gamification gesetzt, um Rezensenten für ihre Mühen zu belohnen. Neben Auszeichnungen und Reputation umfasst das Programm auch spezielle Aktionen für Top-Rezensenten bis hin zu Gratis-Produkten.
Persönliche Produktrezensionen waren für Amazon schon immer wichtig. Es geht darum, eine höhere Kundenzufriedenheit zu erreichen – denn persönliche Bewertungen sind besonders authentisch, weil sie aus dem Alltag der Kunden stammen.
Studien zeigen: Online verkaufen sich Produkte und Dienstleistungen mit vielen und positiven Bewertungen wesentlich besser als solche mit wenigen oder negativen Bewertungen. Die Top-Rezensenten sind zudem ein wirksames Mittel gegen die vielen Fake-Bewertungen. Daher ist es sowohl für Amazon als auch die Kunden wichtig, dass seriöse Bewertungen entsprechend wahrgenommen werden. Gamification unterstützt Amazon dabei, dieses Ziel zu erreichen.
Vorteile von Gamification erkannt: Amazon hat schon sehr früh auf Belohnungen von Rezensenten gesetzt (Quelle: Amazon Screenshot).
3. Leipziger Verkehrsbetriebe: digitale Schnitzeljagd mit App!
Der Gamification-Anbieter „Pfeffermind“ hat für die Leipziger Verkehrsbetriebe eine digitale Schnitzeljagd über die App umgesetzt und nutzt so Gamification für die Kundenkommunikation.
Das Ziel der LVB: Eine sechswöchige Kampagne zu Erhöhung der Fahrgastzahlen und Verbesserung des Unternehmensimages. Kunden wurden durch spieltypische Inhalte angesprochen, dank der Interaktion über die App gelang zudem eine stärkere Bindung und mehr Aufmerksamkeit für die Angebote der LVB.
Die digitale Schnitzeljagd mit App ist ideal für Verkehrsbetriebe (Quelle: Pfeffermind).
4. Starbucks: Ein Treueprämienprogramm, das auch ein Spiel ist!
Vom “Starbucks Rewards“-Programm kann man eine Menge lernen. Wenn Kunden ihre Ausgaben erhöhen, werden sie mit Punkten belohnt, die sie für zukünftige Einkäufe einsetzen können. Dieses Gamification-Beispiel zeigt, wie der Einkaufsprozess Kunden ermutigt, immer wiederzukommen, um mehr Punkte zu sammeln, die sie dann für zahlreiche Belohnungen einsetzen können.
Gamification sorgt für mehr Kundschaft am POS! (Quelle: Starbucks Screenshot).
5. Pepsi: Gamification mit Vending-Machines auf Events!
Pepsi hat geschickt Social Media integriert, um die Marke spielerisch bei einem Event zu inszenieren. Hier zeigt sich der Stärke von Gamification am „Point of Sale“, in Kombination mit touchfähigen Displays (Digital Signage).
6. BING und Jay-Z
Eine sehr erfolgreiche Gamificationaktion war die Cross-Vermarktung des Buches des bekannten US-Rappers Jay-Z (“Jay-Z Decoded”) und der Suchmaschine Bing von Microsoft. Es ging um eine Schnitzeljagd, bei der die Spieler einzelne Seiten des Buches, die sich überall im Land auf Autos, Häusern befanden, finden und fotografieren mussten. So konnte man Punkte sammeln für die Online „Hall-of-Fame“ und das Buch nach und nach vor dem offiziellen Erscheinen zusammenstellen.
7. Samsung: Mit Gamification Kundeninteraktion steigern!
Samsung hat den richtigen Riecher bewiesen, als es darum ging, die Kundeninteraktion mit einer Gamification-Strategie voranzutreiben. Samsung hat auf seiner Website einen Login-Bereich, in dem den Nutzern ermöglicht wird, aktuelle Themen zu diskutieren und Videoclips anzusehen. Wer sich anmeldet und als Teilnehmer aktiv ist, wird mit diversen Badges belohnt und kann Punkte sammeln und in handfeste Produkte umtauschen.
Kunden binden und belohnen: Samsung Rewards (Quelle: Samsung).
8. HidrateSpark App Challenges: Produkt und App mit Gamification-Elementen anreichern!
Der amerikanische Anbieter „HidrateSpark“ hat sich zum Ziel gesetzt, mithilfe von Gamification die Menschen dazu zu bewegen, mehr und regelmäßig Wasser zu trinken. Viele Leute vergessen an stressigen Tagen genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Mit der smarten Wasserflasche von HidrateSpark soll das nicht mehr passieren.
Eine App unterstützt dieses Vorhaben, der Kunde wird so daran erinnert, Wasser zu trinken. Nach Eingabe der persönlichen Werte wie Gewicht, Alter und der allgemeinen Fitness, erinnert die Wasserflasche Dich über ein Lichtsignal daran, Wasser zu trinken. Die App nutzt Gamification-Elemente wie Bestenlisten, tägliche Ziele und Wettbewerbe mit Freunden.
Gelungenes Beispiel von Gamification con Produkt und App: die smarte Wasserflasche! (Quelle: HidrateSpark).
9. Nike+ – ein Gamification-Klassiker!
Nike+ ist ein sehr gelungenes Beispiel, wie man intrinsische Motivation stärken kann, indem man das eigene Lauferlebnis in einen spielerischen Rahmen setzt, sich mit anderen misst, vergleicht und über Badges und Auszeichnungen in ein Ranking setzen kann. Die Nike+ Run Club App ist ein tolles Gamification-Beispiel, das zeigt, wie Menschen durch die Kraft der Gemeinschaft zusammenkommen und die Bindung zur Marke und zu den Produkten gestärkt wird.
Die App ermöglicht es Benutzern, ihr eigenes Trainingsprogramm basierend auf ihrem aktuellen Level zu personalisieren. Es gibt die Möglichkeit, sich in Wettbewerben zu messen und seine Ergebnisse mit anderen zu teilen. Diese App eignet sich gut, den Wettbewerbsgeist der Nutzer anzusprechen und sie immer wieder zur Marke Nike zurückzubringen.
Fazit
Die Beispiele zeigen: Gamification ist schon mitten unter uns. Unternehmen, die Gamification im Marketing einsetzen, erhöhen signifikant die Aufmerksamkeit für ihre Inhalte und schaffen mehr Interaktion mit den Zielgruppen. Trends und Faktoren, die den Einsatz von Gamification befeuern, sind der wachsende Anteil von Menschen mit Smartphones, der zu erwartende Boom von sogenannten „Wearables“ (PCs als Uhren, Ringe, Brillen) und dem „Internet der Dinge (IoT)“. Gamification ist leicht skalierbar dank Social Media Tools. Das ist gegenüber den eher eventbasierten Aktionen früherer Zeiten ein gewaltiger Fortschritt. Neue mobile Technologien wie „Beacons“ oder „Near-Field-Communication (NFC)“ erleichtern die Umsetzung von Gamification weiter, da nun die Kommunikation mit dem Smartphone einfacher von der Hand geht. In Zukunft werden wir daher mehr Gamification auch im Marketing sehen.
Bei Gamification geht es darum, die Akteure aktiv einzubinden, statt sie passiv zu berieseln. Richtig umgesetzt ist Gamification daher weit mehr als ein Spiel, es ist ein Werkzeug der digitalen Transformation von Unternehmen und Gesellschaft. Daher ist es ideal, um Marketing-Kampagnen interessanter und wirksamer zu gestalten.