Nur selten kommt ein:e User:in in Deinen Webshop und weiß bereits ganz genau, was er:sie kaufen möchte. Meist begibt sich ein:e Besucher:in zunächst auf Produktsuche, durchstöbert das Sortiment und vergleicht Artikel miteinander. Dabei kommt eine Entscheidungshilfe immer gelegen.
Nun stell Dir vor, Du kannst ihnen mit Deinem Online Shop als “virtuellem:r Vertriebsmitarbeiter:in” unter die Arme greifen und damit gleichzeitig mehr Umsatz generieren. Klingt nach einer Illusion? Ist es aber nicht – dank Upselling. Dieser Artikel erklärt Dir nicht nur, was Upselling genau ist, Du bekommst außerdem wertvolle Tipps für die erfolgreiche Umsetzung mit an die Hand.
Was ist Upselling eigentlich?
Unter Upselling (auch Up-Selling) im E-Commerce versteht man eine Strategie im Vertrieb, bei der die Kunden davon überzeugt werden sollen, ein höherpreisiges Produkt zu kaufen. Kurz gesagt: Der Bestellwert soll erhöht werden. Meist handelt es sich dabei auch gleichzeitig um einen qualitativ hochwertigeren Artikel, von dem sich der:die Käufer:in einen Mehrwert verspricht.
Als Vergleich wird immer das aktuell betrachtete Produkt oder der Artikel im Warenkorb herangezogen. Nicht immer handelt es sich dabei um einen physischen Gegenstand, der verkauft wird, auch Umsätze durch Dienstleistungen können per Upselling erhöht werden. Dann wird der Bestellwert durch Zusatzoptionen gesteigert. Upselling kann grundsätzlich in jeder Branche angewendet werden, im stationären Handel wie auch im E-Commerce.
Upselling vs. Cross-Selling
Häufig wird diese Methode mit dem Cross-Selling verwechselt. Dabei geht es jedoch nicht darum, dem Kunden ein teureres oder höherwertiges Produkt zu verkaufen. Der Warenkorbwert soll beim Cross-Selling durch einen Zusatzverkauf gesteigert werden.
Das ausgewählte Komplementärgut könnte zum Beispiel ein Smartphone sein, das noch um Kopfhörer ergänzt werden kann. Oder ein Schuh, zu dem an der Kasse noch ein Imprägnierspray empfohlen wird. Dem Querverkauf sind hier keine Grenzen gesetzt. Das Hauptprodukt ist dabei aber immer deutlich teurer als der empfohlene Zusatzartikel.
Beim Upselling hingegen wird eine Umsatzsteigerung nicht mithilfe von Zusatzverkäufen generiert. Die empfohlenen Artikel ergänzen das Hauptprodukt nicht, sondern stillen dieselben Bedürfnisse. Zum Beispiel bekommen die Kundinnen und Kunden zum ausgewählten Laptop andere Laptops gezeigt, die nicht nur teurer sind, sondern auch mehr Funktionen bieten.
Dennoch zielen beide Varianten auf Umsatzsteigerung ab und funktionieren nicht nur bei Produkten, sondern auch bei Dienstleistungen gleichermaßen gut.
Das kann Upselling – Die Verkaufsstrategie in Zahlen
Klingt alles super, doch Du fragst Dich, ob das auch wirklich Früchte trägt? Bereits 2018 setzten 33 Prozent der Unternehmen in Deutschland im E-Commerce Cross- und Upselling ein (Quelle: www.statista.de). Sogar große Player wie Amazon vertrauen schon seit Jahren auf Cross- und Upselling als Vertriebsstrategie.
Und das mit Erfolg. 35 Prozent des Umsatzes generiert der Online-Versandhändler mit Cross- und Upselling (Quelle: Amazon). Außerdem sind Verbraucher:innen bereits ohne Upselling gewillt, ein höherpreisiges Produkt zu kaufen.
73 Prozent geben an, gerne mehr Geld auszugeben, wenn die Produktbewertungen besser sind (Quelle: www.insiderintelligence.de). Das kannst Du bei Deiner Upselling-Maßnahme selbstverständlich berücksichtigen und positive Produktbewertungen bei den Recommendations hervorheben. Doch das ist nicht alles, was Du bei der Umsetzung von Upselling beachten solltest.
Worauf musst Du beim Upselling achten?
Upselling ist eine sehr effektive Methode für Deine Umsatzsteigerung. Allerdings solltest Du bei der Umsetzung einiges beachten, um nicht genau das Gegenteil zu bewirken und Deine Kundschaft damit abzuschrecken.
Vertrauen zwischen Kunde und Shop
Gerade bei Neukunden kann Upselling nach hinten losgehen. Ihnen fehlt noch das nötige Vertrauen in den Webshop. Der Versuch, ihnen ein teures Produkt, das gegebenenfalls nicht einmal ihren Bedürfnissen entspricht, zu verkaufen, kann irritierend wirken – genauso wie ein zu Umsatz-orientierte:r Vertriebsmitarbeiter:in im stationären Handel, der nur verkaufen möchte, ohne die Bedürfnisse der Kunden zu berücksichtigen. Dennoch solltest Du nicht gänzlich auf eine Ansprache Deiner Neukundschaft verzichten.
Als Produktalternativen bieten sich für das Upselling vor allem die Bestseller oder die am meisten betrachteten Artikel aus Deinem Shop an. Achte aber unbedingt darauf, dass sich der Preis nicht zu stark von dem des ausgewählten Artikels unterscheidet.
Möchtest Du zusätzlich den Kaufdruck erhöhen, um die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses zu maximieren, kannst Du mit Social Proof Elementen arbeiten. Füge dafür einen Hinweis auf der Produktdetailseite ein, wie viele Personen sich den Artikel im Moment ebenfalls anschauen.
Oder mache darauf aufmerksam, dass es nicht mehr viele Exemplare des ausgewählten Produktes gibt. Das erzeugt bei der Kundschaft das Gefühl, nicht mehr viel Zeit zu haben und führt zu einer schnelleren Entscheidung. Wichtig ist hierbei stets die Mehrwertkommunikation an die User:innen: Sie möchten nicht das Gefühl haben, zum Kauf eines Produkts gedrängt zu werden, sondern möchten einen klaren Nutzen erkennen, wenn sie sich für das höherpreisige Produkt oder Dienstleistung entscheiden.
Darüber hinaus können vertrauensbildende Elemente wie Gütesiegel prominent im Webshop platziert werden. So fühlen sich die Besucher:innen sicherer und trauen Deinem Webshop auch, ohne zuvor schon einmal dort bestellt zu haben.
Der Fokus bei personalisiertem Upselling liegt hingegen ganz klar bei Deinen Bestandskunden. Ihre Kundenbedürfnisse und Vorlieben sind Dir bereits bekannt und es besteht bereits ein gewisses Vertrauensverhältnis. Dafür kannst Du Informationen aus dem Userverhalten, aus der Kaufhistorie oder aus dem Kundenprofil heranziehen. Dementsprechend können auch passende Produktempfehlungen ausgespielt werden. Keineswegs sollen Deine Bestandskunden das Gefühl bekommen, dass sich Dein Webshop nicht für ihre Bedürfnisse interessiert und nur verkaufen möchte.
Zusätzlich ist es ganz besonders wichtig, dass den Kundinnen und Kunden durch das Upselling Produkt auch ein Mehrwert geboten und dieser entsprechend kommuniziert wird – es soll sich für die Kundschaft weniger nach Verkaufen als vielmehr nach Beratung anfühlen. Genauso wie auch das Verkaufsgespräch mit einem:r Vertriebsmitarbeiter:in im stationären Handel. Schließlich sollen die Loyalität und das Vertrauen, das in Deinen Webshop gesteckt wird, auch belohnt werden. Aber nicht nur der Umsatz wird so gesteigert, auch die Kundenbindung wird stärker.
Die richtige Gelegenheit
Upselling wird im Gegensatz zu typischen Produktempfehlungen eher gegen Ende der Customer Journey eingesetzt. Der oder die Kunde bzw. Kundin sollte bestenfalls bereits gezeigt haben, dass er:sie auch tatsächlich einen Artikel oder eine Dienstleistung kaufen möchte und nicht erst am Anfang der Suche steht. Gerade deshalb ist der Warenkorb ein beliebter Einsatzort für Upselling Empfehlungen. Du kannst Dir zu 100 Prozent sicher sein, dass die Kundschaft sich bereits mit dem Produkt und Deinem Sortiment auseinander gesetzt hat.
Außerdem kann Upselling Dir sogar helfen, wenn der:die User:in doch noch mit seiner:ihrer Entscheidung hadert und den Shop verlassen möchte, um sich noch auf weiteren Seiten umzusehen. Durch die Empfehlungen eines hochwertigeren Produktes wird die Aufmerksamkeit wieder zurück auf Deinen Webshop gelenkt. Zudem ist der empfohlene Artikel vielleicht so überzeugend, dass der Kauf ohne zu Zögern in Deinem Onlineshop abgeschlossen wird.
Upselling kann aber auch bereits auf Produktdetailseiten platziert werden. So können sich Kunden, noch bevor etwas in den Warenkorb gelegt wird, mit den möglichen Alternativen auseinandersetzen. Auch hier sollten klar die Vorteile des Upselling-Produkts gegenüber dem ursprünglich betrachteten Produkt in den Vordergrund gestellt werden. So bekommen die User:innen direkt einen positiven Eindruck und fühlen sich bestens beraten. Dein Webshop scheint ihre Kundenbedürfnisse zu verstehen. Sie kehren gerne wieder zurück.
Zusätzliche Upselling-Empfehlungen im Warenkorb können nicht nur den Warenkorbwert steigern, sondern auch einen Kaufabbruch verhindern und die User:innen zurück in den Kaufprozess holen.
Weniger ist mehr
Der amerikanische Psychologe und Neurologe Barry Schwartz untersuchte das Userverhalten ausführlich, wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen. Dabei ist er zu folgender Erkenntnis gekommen: Zu viel Auswahl kann Deine Besucher:innen verwirren. Kunden fühlen sich bei zu vielen Auswahlmöglichkeiten alles andere als gut beraten.
Ganz im Gegenteil. Je mehr Artikel zur Verfügung stehen, desto komplexer wird auch die Entscheidung für die Person. Sie steht unter erhöhten Druck und fühlt sich unfähig dazu, die richtige Wahl zu treffen. Der Psychologe nennt dieses Phänomen “Paradox of Choice”. (Quelle: The Paradox of Choice: Why more is less; Barry Schwartz).
Die Psychologin Sheena Iyengar führte dazu die “Marmeladen-Studie” durch. In einem Supermarkt wurde dafür ein Stand aufgebaut, an dem Marmelade getestet werden konnte. Einmal mit 24 Marmeladen und einmal mit nur sechs Marmeladen. Am größeren Stand blieben 60 Prozent der Kundeninnen und Kunden stehen und kosteten von dem süßen Brotaufstrich. Beim kleineren Stand hingegen nur 40 Prozent. Ging es jedoch um einen tatsächlichen Kauf, schlugen die sechs Marmeladen die 24 Gläser mit 30 zu drei Prozent deutlich (Quelle: Personality process and individual differences; Sheena Iyengar).
Deshalb ist es wichtig, dass Du Deinen Besucher:innen nur eine kleine, aber erlesene Auswahl an Upselling-Produkten anzeigst. So bleiben die Alternativen überschaubar und eine Entscheidung kann deutlich leichter gefällt werden. Darüber hinaus müssen die Artikel natürlich auch von Relevanz für die Nutzer:innen sein.
Ist eine Kundin oder ein Kunde grundsätzlich nur an einer bestimmten Marke interessiert, macht es wenig Sinn, ein kostspieligeres Produkt einer anderen Marke vorzuschlagen. Des Weiteren spielt der Preis bei einem Upselling Artikel eine entscheidende Rolle. Ist dieser nämlich deutlich höher, als der Preis des ausgewählten Produkts, kann das zu einem Kaufabbruch führen.
Setze Dir deshalb nicht als Ziel, den Warenkorbwert gleich zu verdoppeln oder zu verdreifachen, sondern orientiere Dich an den Kundenbedürfnissen und – sofern bekannt – an der Kaufhistorie Deiner User:innen. So können dynamisch zum Budget und Kaufverhalten passende Produkte vorgeschlagen werden.
Den Kauf schmackhaft machen
Häufig wird das hochwertigere Produkt gekauft, weil sich die Nutzer:innen dadurch einen Mehrwert versprechen. Auf diese Vorteile solltest Du unbedingt aufmerksam machen. Die Gründe, weshalb sich ein:e User:in für ein bestimmtes Produkt entscheidet, können ganz vielseitig sein.
Rational gesehen bietet ein teureres Produkt wahrscheinlich bessere Qualität, mehr Funktionen oder auch längere Garantie. Auf emotionaler Seite kann sich die Kundschaft durch den Kauf des teureren Produktes die Versandkosten sparen oder bekommt vielleicht sogar einen Gutschein versprochen.
Für 45 Prozent der Nutzer:innen ist vor allem die kostenlose Lieferung ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung. Sie würden sogar extra Produkte zum Warenkorb hinzufügen, nur um die Versandkosten zu umgehen (Quelle: www.statista.de).
Worauf Deine Kundschaft am ehesten Wert legt und ob Deine Vertriebsstrategie Früchte trägt, kannst Du mit A/B- oder Mutlivariantentests überprüfen. Nicht jedem:r Besucher:in ist eine kostenlose Lieferung wichtiger als die Qualität. Durch ausführliches Testing kannst Du verschiedene Benefits für die User:innen testen und damit verhindern, dass Deine investierte Zeit umsonst war und Deine Mühe in letzter Sekunde zunichte gemacht wird.
Upselling auf einer Produktdetailseite gibt den User:innen nicht nur das Gefühl, gut beraten zu werden, mit einem Hinweis auf den Mehrwert durch den Erwerb des teureren Produktes steigt die Kaufwahrscheinlichkeit.
Der Decoy-Effekt
Nun bist Du bestens auf Deine nächste Upselling-Kampagne vorbereitet und kennst einige Dos and Don’ts. Es gibt allerdings noch einen weiteren kleinen Trick, um noch mehr aus Deinen Maßnahmen herauszuholen und höherwertige Produkte zu verkaufen. Binde dafür ganz einfach die menschliche Psyche in Deine Ideen ein.
Zum Beispiel mit dem sogenannten “Lockvogel-Effekt”. Dieser wird im E-Commerce besonders gerne beim Upselling eingesetzt. Er dient dazu, die Wahrnehmung des Betrachtenden zu verfälschen, um die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Sind die Alternativen sehr ähnlich und unterscheiden sich preislich nur ein wenig, wird gezielt ein “Lockvogel” eingebaut.
Dieses Angebot ist dann meist eine Mischung aus zwei Varianten, und dementsprechend auch teurer. Der:die Nutzer:in möchte sich beispielsweise einen neuen Handyvertrag kaufen. Der erste Tarif hat neben Datenvolumen noch kostenlose Telefonate mit inbegriffen. Tarif zwei bietet Datenvolumen zum Surfen und kostenlose SMS an. Dem:der User:in fällt es nun sehr schwer, sich zu entscheiden, zumal ihm:ihr die beiden Tarife sehr teuer vorkommen.
Nun kommt der Lockvogel zum Einsatz. Tarif Drei hat dann nicht nur das Datenvolumen, sondern auch Telefonate und Textnachrichten im Angebot. Das kommt der Kundschaft wie gelegen. Er:sie muss sich nun nicht mehr zwischen den zwei Angeboten, die er:sie nicht als attraktiv genug empfunden hat, entscheiden und spart seiner:ihrer Auffassung nach sogar noch Geld. Welches Angebot sich am besten als Lockvogel eignet und wie hoch der Preisunterschied sein darf, testest Du am besten wieder mittels A/B- oder Multivariantentest.
Fazit
Möchtest Du Deinen Vertrieb und somit auch Deinen Umsatz ankurbeln, ist Upselling eine wirksame Strategie. Die Maßnahmen, mit denen Du Deine Kundinnen und Kunden zum Kauf eines höherwertigen Produkts überzeugen möchtest, müssen jedoch sorgfältig durchdacht und geplant sein.
Je nachdem, ob die Besucher:innen bereits bekannt sind oder noch nicht, sollte der Kundenkontakt unterschiedlich aussehen. Gerade bei Neukundschaft ist ein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt. Hast Du Dir ausreichend Gedanken über das Upselling in Deinem Webshop gemacht, die wichtigsten Punkte beachtet und Deine Ideen ausreichend getestet, steht Dir aber nichts mehr im Wege.
Checkliste für gelungenes Upselling
- Lege den Fokus nicht ausschließlich auf Deine Bestandskunden, auch Neukunden können mit Upselling angesprochen werden
- Warte den richtigen Zeitpunkt ab – besonders Produktdetailseiten und der Warenkorb eignen sich hervorragend
- Achte auf die Relevanz der ausgewählten Produkte – Nichts ist schlechter als ein Upselling-Produkt, das den:die User:in nicht interessiert
- Setze Dein Ziel nicht zu hoch – der Preis des Upselling-Produkts sollte in einem akzeptablen Rahmen liegen
- Zeige nicht zu viele Alternativen auf einmal! Als Faustregel für die Anzahl an Alternativen wird im E-Commerce die Zahl Drei genannt
- Vergiss nicht, dass sich Deine Nutzer:innen einen Mehrwert durch ein teureres Produkt versprechen. Mache sie darauf aufmerksam, um wertvolles Potenzial nicht zu verschwenden.
- Teste Deine eingesetzten Maßnahmen und optimiere sie kontinuierlich. Nur so kannst Du Deinen Kundinnen und Kunden auch langfristig die besten Optionen ausspielen und Upselling erfolgreich für Deine Umsatzsteigerung nutzen.