Wie groß ist Dein Kuchenstück in der Kommunikation – und wie wird es größer?
Tesla unternimmt fast keine klassischen Werbemaßnahmen. Trotzdem ist die Marke unfassbar bekannt. Sie dürfte anteilig bekannter sein als alle anderen E-Auto-Brands zusammen. Wenn Tesla auf klassische Werbemaßnahmen verzichtet, wieso ist die Marke so bekannt – und woher wissen wir das?
Die Antwort: Sie hat einen sehr hohen Share of Voice in ihrer Branche – den sie mit anderen Mitteln errungen hat als mit klassischer Werbung.
Was ist der Share of Voice?
Wörtlich übersetzt wäre der Share of Voice wohl der „Stimmanteil“. Aber von vorn: Marken generieren nur dann Umsätze, wenn sie bekannt sind. Viele Werbemaßnahmen zielen darauf ab, quantitativ und konstant die eigene Bekanntheit zu erhöhen.
Die Marke soll Erwähnungen im richtigen Kontext generieren. Mit der Kennzahl „Brand Mentions“ sind Erwähnungen inzwischen ein gängiger Erfolgsfaktor im Online Marketing. Der Share of Voice ist eine der wenigen, oft verzweifelt nachgefragten Möglichkeiten, die bestehende Markenbekanntheit zu messen.
Denn: Markenbekanntheit ist das mögliche Resultat von Metriken wie Reichweite, Cost per mille (CPM), Cost per view (CPV) oder View Through Rate (VTR) – ein guter CPM, CPV oder VTR ist aber keine Messgröße für die errungene Markenbekanntheit.
Diese Metriken sind außerdem nicht vergleichbar: Der CPM oder CPV zweier Unternehmen gibt keinen Aufschluss über den Erfolg der Markenbildung. Der Share of Voice hingegen misst, wie erfolgreich die langfristige Markenbildung ist.
Der Gedanke hinter dem SOV ist einfach: Wie viel spricht Deine Zielgruppe über Deine Marke innerhalb Deiner Branche, verglichen mit den Marktbegleitern?
Oder anders ausgedrückt: Reden Deine potenziellen Kunden eher über Dich oder über Deinen Konkurrenten – und wenn ja, wie sind die Kräfteverhältnisse, wie viel Raum nimmt Deine Marke ein? Der Share of Voice zeigt, wie viel Deine Marke prozentual in Köpfen vorkommt und wie viel Platz sie sich in digitalen oder analogen Medien sichert.
Vergleiche Tesla mit BYD: Wie viel redet man über diese Marken, wie viel Stimmanteil in Diskussionen über die Branche haben beide Marken? Wenn Menschen über E-Autos sprechen, sprechen sie dann über BYD oder über Tesla? Eine Möglichkeit, das quantitativ auszudrücken, ist der prozentuale Share of Voice.
Warum ist der Share of Voice wichtig?
Seien wir ehrlich und überkomplizieren wir Marketing für eine Sekunde nicht zu stark: Brands erhalten mehr Vertrauen und somit mehr kaufwillige Aufmerksamkeit durch konsistente, positive Sichtbarkeit. Das ist die vereinfachte Mission, die das Marketing und alle Werbeausgaben für eine Marke haben.
Der Hintergrund ist: Wir vertrauen Marken automatisch mehr, die wir immer wieder sehen. Wir können uns dagegen kaum wehren, es sei denn es ist eine sehr negativ geframte Sichtbarkeit.
Aber sonst gilt: Exposition schafft Vertrauen und somit Kaufbereitschaft. Auf dieser These baut auch das Modell der Messy Middle von Google auf: Der bzw. die User:in ist in einer Schleife aus Exploration und Evaluation, bis er den richtigen Trigger für den Kauf bekommt.
Wir wollen also, dass unsere Brand möglichst konsistent und oft „top of mind“ ist. Deine Brand muss kontinuierlich im Kopf bleiben. Es gibt das Konzept der „situational brand awareness“:
- Wann immer Du an Sneaker denkst, denkst Du an bestimmte Marken.
- Wann immer Du an Gartengeräte denkst, denkst Du an bestimmte Marken.
- Immer wenn Du an Fortbildungen im Online Marketing denkst, denkst Du an bestimmte Web-Portale.
Um das zu erreichen, brauchen wir einen hohen Share of Voice. Online Marketing muss (auch) um mehr Share of Voice kämpfen.
Share of Voice, Umsatz und Marktanteil hängen indirekt zusammen
Gerade im Englischen klingt „Share of Voice“ so ähnlich wie „Share of Market“, also dem Marktanteil. Die gute Nachricht: Es ist zwar nicht dasselbe, aber oft gibt es durchaus eine Korrelation zwischen steigendem Share of Voice und dem Marktanteil – und somit auch dem Umsatz.
Dazu später mehr, wenn es um den ESOV geht. Unternehmen wie Nielsen konstatieren folgende Faustregel: Ist Dein Marktanteil kleiner als Dein Share of Voice, ist es einfacher, den Marktanteil zu steigern. Nun höre ich schon die Skeptiker unter den Werbetreibenden: Wie ist das messbar?
Wie messen wir den Share of Voice für die eigene Marke?
Es gibt nicht den einen Overall-Share of Voice – oder zumindest wäre das eine hochgradig konstruierte Kennzahl aus verschiedenen anderen Kennzahlen, die in ihrer Verschmelzung bestimmte Erkenntnisse eher verschüttet.
Einfacher ausgedrückt: verschiedene Marketingkanäle (Social, SEA, SEO, PR) haben verschiedene Share of Voice-Ansätze. Es macht meist keinen Sinn, diese zu vermischen. Generell unterscheide ich vier verschiedene Dimensionen von Share of Voice:
1. Share of Social Voice: Brand Mentions
2. Share of Paid Search: Impression Shares
3. Share of Organic Search: Anteil des Branded Search und andere Möglichkeiten
4. Share of Earned Media: verdiente Medienplätze – die Königsklasse
1. Share of Social Voice: Brand Mentions
- Nimm die Anzahl der Erwähnungen Deiner Marke (Brand Mentions)
- teile sie durch die Gesamtzahl aller Erwähnungen von Marken in der Branche (also Deine und die Deiner Konkurrenz)
- multipliziere sie mit 100.
Das kannst Du zum Beispiel in Social Media-Automation-Tools wie Hootsuite oder Fanpage Karma machen. Dasselbe funktioniert auch, wenn es markenspezifische Hashtags gibt, die anteilig miteinander verglichen werden können.
Mit Social-Listening-Tools kannst Du auch das Sentiment der Erwähnungen analysieren, bedeutet: Wie sprechen die Menschen über Deine Marke, positiv, negativ, aufgeregt?
2. Share of Paid Search: Impression Shares
Gleich vorweg: Impressions sind natürlich eine relativ „dünne“ Kennzahl und die Messung sagt noch nicht direkt etwas über Markenbekanntheit aus. Die Impression Shares bei Google Ads sind aber die einfachste und klarste Möglichkeit, den Share of Voice im bezahlten Search-Kanal zu messen – im Sinne von „besetztem, digitalen Raum“.
Um den Share of Voice bezogen auf Paid Search herauszufinden, teile die Ergebnisse des Impression Shares durch die Gesamtzahl in der Branche. Der Impression Share ist die Anzahl der Anzeigen, die den Nutzern und Nutzerinnen gezeigt wurden, verglichen mit der Anzahl der Anzeigen, die auf der Grundlage ihrer Keyword- und Kampagneneinstellungen hätten gezeigt werden können.
In Google Ads ist der Impression Share in Deinem Konto zu finden (support.google.com). Klick dort (Stand 2023) auf „Mitbewerber-Metriken“. Das Share of Paid Search als Unterkategorie des Share of Voice ist ein effizientes Instrument, um den Erfolg einer Kampagne zu prüfen oder Ableitungen für zukünftige Werbeaufwendungen zu treffen.
3. Share of Organic Search: Anteil des Branded Search und andere Möglichkeiten
Die Katzenfutter-Marke „Miamor“ wird insgesamt 6400-mal im Monat gesucht, der Marktbegleiter „Purina“ nur 5200-mal (Stand Dezember 2023). Der (vereinfachte) Rückschluss: Miamor ist zumindest in der Suchmaschine stärker nachgefragt.
Menschen geben in die Suchmaschine freiwillig häufiger die eine Marke ein, als die andere. Hier müsste man für eine genaue Messung des Share of Search alle relevanten Brand-Keywords beider Marken identifizieren („miamor katzenfutter“ und so weiter) und dann die Suchnachfrage jeweils addieren.
Ein hoher Anteil Branded Search ist eine mögliche Perspektive für einen hohen Share of Voice. Deswegen ist es ein legitimes Ziel von Marketingmaßnahmen, die Branded Searches langfristig konstant zu erhöhen – und die Branded Search im Rahmen einer Wettbewerbsanalyse einzuordnen.
Ein bisschen aufwendiger zu messen, mit Tools wie Sistrix aber möglich: Der Anteil der Klicks, die für Dein Fokus-Keywordset auf Deine Website kommen im Vergleich zu Deinen Mitbewerbern in den SERPs. Achte darauf, hier die Brand Searches herauszufiltern.
So hast Du den organischen Klick-Anteil der thematischen Keywords im Vergleich zur SEO-Stärke Deiner Mitbewerber. Den „Share of organic clicks“ für Dein Fokus-Keywordset zu erhöhen, wäre ein Teilziel guter SEO- und Werbemaßnahmen.
4. Share of Earned Media: verdiente Medienplätze – die Königsklasse
These: Es ist wichtig, was eine Marke über sich selbst sagt. Aber noch viel wichtiger ist, was andere über Deine Marke sagen. Die Macht der dritten Person – im Englischen: Third Party Credibility – ist eine herausragende und oft unterschätzte Perspektive im Marketing.
Hier ist der Share of Voice (SOV) interessant: Mit guter PR und starker Positionierung zu Branchenthemen können Brands gezielt dafür sorgen, dass Journalisten bzw. Journalistinnen und Influencer:innen „freiwillig“ über sie schreiben. Kommen wir zurück zu Tesla als bekanntes Beispiel. Über Tesla schreiben Journalisten bzw. Journalistinnen freiwillig, wenn sie über E-Mobilität schreiben.
Eine interessante Kennzahl in diesem Kontext ist AVE (Advertising Value Equivalency). Der AVE wird in der PR verwendet, um den Geldwert der Earned Media in journalistischen Medien zu messen. Er misst den „Raum“, den eine Marke in einem Medium einnimmt und errechnet, wie viel es gekostet hätte, wenn die Marke den Anzeigenpreis für eine ähnlich große Anzeige bezahlen müsste.
Wenn also das Wallstreet Journal oder die Zeit „freiwillig“ über eine Marke schreibt, sei es im Print oder Online, wie viel hätte es gekostet, diesen Medienplatz in dieser Auflage zu kaufen?
Ein hoher Share of Earned Media kann äußerst mächtig sein und wichtige Erwähnungen Deiner Marke in passenden Kontexten erzeugen. Earned Media ist in vielerlei Hinsicht besonders vertrauensbildend und Earned Media von renommierten Medien kann die Markenpositionierung und die Bekanntheit einer Marke massiv verbessern.
Authority und Share of Voice
Spätestens seit den 2020ern wird das Konzept der Marken-Autorität immer zentraler, um Vertrauen in den unendlichen Weiten des Aufmerksamkeitswettbewerbs zu erzeugen. In der Suchmaschinenoptimierung ist es das A von EEAT, in der menschlichen Psyche ist es die Wahrnehmung einer relevanten, anerkannten Expertenstimme in der Branche.
(Personen-)Marken haben Autorität, wenn man bei bestimmten Themen nicht an ihnen vorbeikommt. Etwas vereinfacht gesagt ist die Erhöhung des eigenen Share of Voice somit nicht nur gezielter Markenaufbau, sondern auch SEO und PR.
Die Beziehung zwischen Authority, SEO und Share of Voice ist intensiv und wechselseitig – Wettbewerbsanalysen und Marketingmaßnahmen sollten im Auge behalten, bei welchen Marken die wahrgenommene Authority in der Branche liegt.
5 Wege, den Share of Voice Deiner Brand zu erhöhen
1. Thought Leader Content
2. Influencer-Partnerschaften
3. Proaktives Community Management
4. Content-PR und (Gast-)Publikationen
5. Paid Media Kampagnen, über die geredet wird
1. Thought Leader Content
Steigere Deinen Share of Voice durch teilenswerten und diskussionswürdigen Thought Leader Content. Positioniere Dich als Meinungsführer:in in Deiner Branche, indem Du starke, überzeugende Standpunkte vertrittst. Erfahre hier mehr über Content Creation.
Rege Diskussionen an und setze Trends durch Inhalte, die zum Nachdenken anregen. Werde Data-Storyteller:in und sprich über die Daten, die Du erhebst (HomeToGo macht das sehr erfolgreich). Nutze und erstelle Case Studies, um Deine Expertise zu untermauern und authentische, glaubwürdige Einblicke in Deine Branche zu geben.
Durch diese Strategie baust Du nicht nur Deine Marke auf, sondern verstärkst auch die Vertrauenswürdigkeit und Wirkung Deiner Stimme im Markt.
2. Influencer-Partnerschaften
Baue eine Brücke zu Deiner Zielgruppe durch strategische Influencer-Partnerschaften. In unserer vernetzten Welt sind Influencer:innen oft die vertrauenswürdigsten Stimmen.
Indem Du mit Influencern bzw. Influencerinnen zusammenarbeitest, die Deine Markenwerte teilen und eine engagierte Anhängerschaft haben, erhöhst Du nicht nur Deine Sichtbarkeit, sondern auch Deine Glaubwürdigkeit.
Eine gut durchdachte Influencer-Kampagne kann Deiner Marke einen nachhaltigen Boost der Share of Voice in den sozialen Medien und darüber hinaus verleihen.
3. Proaktives Community Management
Erhöhe Deinen Share of Voice durch proaktives Community Management in Deinen wichtigen Social-Media-Kanälen. Den Begriff der „Verwaltung“ einer „Community“ könnte man hier breiter fassen – und vielleicht eher „Communitypflege“ nennen: Engagiere Dich regelmäßig in relevanten Online-Foren, sozialen Netzwerken und auf Plattformen, auf denen sich Deine Zielgruppe aufhält.
Durch das Beantworten von Fragen, das Teilen von branchenrelevanten Informationen und die Teilnahme an Diskussionen stärkst Du die Präsenz Deiner Marke. Du baust eine vertrauensvolle Beziehung zu Deiner Community auf.
Dieses gezielte Engagement macht Deine Marke sichtbarer, nahbarer und verstärkt ihre Stimme im Konzert der Konkurrenz.
4. Content-PR und (Gast-)Publikationen
Steigere Deinen Share of Voice effektiv durch gezielte Publikationen. Wenn Deine Artikel auf hochrangigen Websites bei bekannten Publishern und Blogs erscheinen, erhältst Du nicht nur qualitativ hochwertige Backlinks, sondern verbesserst auch die Qualität Deines Share of Voice.
Die Königsdisziplin ist es, ein Buch über die eigene Branche zu schreiben, zu veröffentlichen und erfolgreich zu promoten. Nutze Public Relations-Aktivitäten, um Medienartikel zu generieren, die in Publikationen mit hoher Leser- und Zuschauerzahl erscheinen.
Sprich auf Konferenzen. Sei Gast in Podcasts. Diese Strategie kann den Share of Voice Deiner Marke drastisch erhöhen, da sie die Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit Deiner Inhalte im Markt signifikant steigert.
5. Paid Media Kampagnen, über die geredet wird
Erhöhe Deinen Share of Voice durch meinungsstarke und auffällige Paid Media Kampagnen. Du musst nicht polarisieren. Aber Du musst Aufmerksamkeit erregen. Beziehe klar Stellung, kommuniziere Deinen Purpose, zeige Haltung und Persönlichkeit.
Dies zieht Aufmerksamkeit auf Deine Marke und fördert intensive Diskussionen in der Branche. Ziel ist es, mit Deinen Paid-Media-Inhalten etwas zu schaffen, über das die richtigen Menschen (Deine Zielgruppe, Deine Buyer Personas oder Multiplikatoren) sprechen.
Der Excess Share of Voice (ESOV): Der Gap zwischen Share of Voice und Share of Market
Im Wesentlichen ist ESOV die Differenz zwischen Deinem Share of Voice (SOV) – also dem Anteil Deiner Werbestimme im Vergleich zum gesamten Markt – und Deinem Marktanteil. Hast Du beispielsweise 30 % SOV, aber nur 20 % Marktanteil, dann hast Du einen ESOV von 10 %.
Der ESOV ist kein Luxus, sondern eine kraftvolle Investition: Studien zeigen, dass ein höherer ESOV oft mit künftigem Marktwachstum verknüpft ist. Es geht also nicht nur darum, laut zu sein, sondern lauter als erwartet!
Durch diesen Überschuss an Aufmerksamkeit kannst Du Deine Präsenz stärken, Marke festigen und letztlich Deinen Anteil am Gesamtmarkt vergrößern – für Werbetreibende ein guter Indikator, wie die Werbeausgaben und Werbeaufwendungen aktuell im Verhältnis zum Marktanteil stehen!
Fazit: Share of Voice als Multi-Metrik für Brand Awareness
Der Share of Voice (SOV) und der ESOV sind zentrale Metriken, um den Erfolg langfristiger Markenbildung zu messen und zu steuern. Tesla ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Marke ohne klassische Werbung einen enorm hohen SOV erreichen kann.
Die Messung von SOV bietet eine fundierte Einschätzung der Markenbekanntheit und erlaubt es, die eigene Markenpräsenz im Vergleich zur Konkurrenz zu bewerten. Methoden wie Thought Leader Content, proaktives Community Management, gezielte (Gast-)Publikationen und aufmerksamkeitsstarke Paid Media Kampagnen sind effektive Wege, um den Share of Voice zu steigern.
Jede dieser Strategien trägt dazu bei, die Marke kontinuierlich im Bewusstsein der Zielgruppe zu verankern und die Diskussion innerhalb der Branche zu prägen. In der heutigen, schnelllebigen digitalen Landschaft ist ein hoher SOV entscheidend, um die Sichtbarkeit zu erhöhen, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und letztendlich den Marktanteil zu steigern.
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